«Abstimmungsflut» ist das Wort des Jahres 2024
Aus 500 Vorschlägen wählte die Jury «Abstimmungsflut» zum Wort des Jahres 2024 in Liechtenstein. Der Satz des Jahres lautet «Mis Land, mis Radio». 29 ist die Zahl des Jahres. Die Wahl erfolgte unter der Federführung des Internationalen Liechtensteiner Presseclubs (LPC) und des Vereins Wort des Jahres.
Das Wort des Jahres «Abstimmungsflut» fasst die aktuelle Situation der direkten Demokratie in Liechtenstein treffend zusammen. Die Flut an Abstimmungen wird im politischen Liechtenstein mit gemischten Gefühlen beobachtet. Das Jahr 2024 stellt mit acht Vorlagen und sechs Abstimmungsterminen einen Rekord dar. Dies ist auf eine Kombination aus historischen Entwicklungen und veränderten Rahmenbedingungen für Referenden und Initiativen zurückzuführen. Die Zahl der Personen, die für ein Referendum unterschreiben müssen, wurde von früher jedem Fünften auf heute jeden Zwanzigsten gesenkt. Das Internet hat dazu beigetragen, den Aufwand für die Sammlung von Unterschriften deutlich zu reduzieren. Anders als auf Landesebene sind die Anforderungen auf Gemeindeebene proportional an die Zahl der Wahlberechtigten gekoppelt. Ein analoges System auf Landesebene hätte die Anforderungen auf etwa 3'500 Unterschriften erhöht. Eine weitere Erklärung für die hohe Zahl von Volksbegehren ist, dass sich neue Gruppierungen und Oppositionsparteien mit Abstimmungen mehr Gehör verschaffen und damit ihre Wahrnehmung ausserhalb des parlamentarischen Betriebs erhöhen können.
«Mis Land, mis Radio»
Der Satz des Jahres 2024 in Liechtenstein ist ein Kurzsatz. Mit dem Slogan «Mis Land, mis Radio» versuchte der öffentlich-rechtliche Sender Radio Liechtenstein im Herbst sein Image zu stärken, bevor über die Aufhebung des Rundfunkgesetzes abgestimmt wurde. Obwohl sich Radio L in den letzten 29 Jahren als fester Bestandteil der hiesigen Medienlandschaft etabliert hat, sorgte der Sender immer wieder mit finanziellen und personellen Problemen für Schlagzeilen. Der Versuch, mit einem neuen Verwaltungsrat das Ruder noch herumzureissen, kam zu spät. Rund 55 Prozent des Stimmvolkes votierten für die Initiative zur Aufhebung des Gesetzes. Damit steht das Radio vor einem Scherbenhaufen. Noch ist unklar, ob eine Privatisierung gelingen kann. Der Satz «Ein Land, ein Radio» steht nun sinnbildlich für eine wegweisende Debatte über die Zukunft öffentlich-rechtlicher Medien in Liechtenstein und darüber hinaus.
Zahl des Jahres: 29
Gemäss einer repräsentativen Umfrage zur Mediennutzung in Liechtenstein klassifiziert das Liechtenstein-Institut 29 Prozent der Bevölkerung als Nachrichtenabstinente. Das sind Menschen, die mit Ausnahme von Social Media kaum andere Medien nutzen. Aber auch das Internet dient ihnen nur selten als Plattform zur Informationsbeschaffung: Newsportale werden nur ab und zu besucht. Jüngere Menschen gehören tendenziell häufiger zur Gruppe der Nachrichtenabstinenten. Zudem zeichnet sich diese Gruppe durch ein geringes politisches Interesse, ein niedriges Durchschnittseinkommen und ein niedriges Bildungsniveau aus.