«COVID-19 – Eine rasche Erholung ist durchaus möglich»

13.08.2020

Gespräch mit Dr. Katja Gey, Amtsleiterin Amt für Volkswirtschaft Liechtenstein

Geben Sie uns bitte einen kurzen Rückblick auf die letzten fünf Monate in Ihrem Amt

Im Zuge der COVID-19-Pandemie waren wir gefordert, den Fokus unserer Arbeit sofort neu auszu-richten. Nachdem das Corona-Hilfs-paket von der Regierung angekündigt und vom Landtag beschlossen wurde, erhielten wir im Amt für Volks-wirtschaft in kürzester Zeit mehr als 3'500 Corona-Unterstützungsanträge. Das hat uns an unsere Leistungsgrenzen gebracht. Unser Ziel war von Anfang an, unsere Wirtschaft so gut wie möglich zu unterstützen und Arbeitsplätze zu erhalten. Bis jetzt scheint es, dass sich dieser enorme Einsatz gelohnt hat.

Was waren Ihre grössten Herausforderungen?

Ganz am Anfang war es noch sehr unsicher, ob wir überhaupt vor Ort arbeitsfähig bleiben können. Wir wussten ja nicht, ob wir nun alle ins Home Office müssen. Unsere Prozesse sind noch nicht vollständig digitalisiert. Auch wäre die Organisation und Instruktion der neuen Mitarbeitenden und Teams über die anzuwendenden Unterstützungsmassnahmen kaum im geforderten Tempo und der nötigen Qualität möglich gewesen.

Wir mussten im Eiltempo die neuen Regelungen zur Kurzarbeit und Richt-linien zu den verschiedenen Unter-stützungsmassnahmen erarbeiten und umsetzen. Die Anzahl der Anträge für einzelne Massnahmen lag im vier-stelligen Bereich. Auch wegen der laufend erforderlichen Anpassungen der Unterstützungsmassnahmen blieb die Komplexität konstant auf hohem Niveau. Unser Ziel war, die büro-kratischen Hürden möglichst niedrig zu halten. Aber als Behörde sind wir natürlich zu einem Mindestmass an Kontrolle verpflichtet.

Wir benötigten für die Umsetzung der Unterstützungsmassnahmen deutlich mehr Personal und mehr Räumlichkeiten, auch wegen der Abstands- und Hygienevorschriften. Jeden Tag kamen neue Herausforderungen dazu, denen wir uns stellen mussten.

... und Ihre erfreulichsten Momente?

Zu sehen, wie robust und tragfähig sich die liechtensteinische Wirtschaft und die staatlichen Institutionen in dieser Krise erwiesen haben. Nach wie vor liegen wir im Zehnjahresvergleich mit einer Arbeitslosenquote von 2.1 Pro-zent in einem sehr niedrigen Bereich. Dies ist ein wichtiger Indikator für die hohe Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft. 

Auch der deutlich spürbare Zusammenhalt innerhalb unserer Amtsstelle und über viele Institutionen in Liechtenstein hinweg, war grossartig. «Zemma-Schaffa» und «Zemma-Heba» - Teamwork und Teamgeist - waren enorm wichtig für unsere Motivation während der letzten Monate.

Welche Rückmeldungen haben Sie zur Arbeit des AVW erhalten? Es gab ja auch kritische Stimmen.

Ja, die gab es und die haben wir auch immer ernst genommen und wo möglich Verbesserungen vorgenom-men. Um ein klareres Bild zu bekom-men, haben wir die mehr als 1'500 betroffenen Unternehmen befragt, die bei uns Unterstützungsmassnahmen beantragt hatten. Es war uns wichtig zu erfahren, wie unsere Dienstleist-ungen und auch die erhaltenen Unter-stützungsleistungen bei ihnen angekommen sind.

Wir waren positiv überrascht, dass uns rund 500 Unternehmen, das sind knapp 33 Prozent der Befragten, geantwortet haben. Die Umfrageergebnisse selbst haben dann erfreulicherweise gezeigt, dass die Unterstützungsmassnahmen gut aufgenommen wurden. Ebenfalls haben wir eine grosse Wertschätzung für unsere Arbeit erfahren. Das freut mich besonders, da es die Qualität unserer Arbeit bestätigt.

Zur kontinuierlichen Weiterentwicklung benötigen wir aber auch konstruktive Kritik. Diese haben wir im Zuge der Umfrage ebenfalls erhalten.

Die Umfrageergebnisse haben wir auf www.corona.avw.li veröffentlicht.

Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung ein?

Wirtschaft und Arbeitsmarkt waren bis Mitte März in einer guten Verfassung. COVID-19 ist eine virusbedingte und keine strukturelle oder konjunkturelle Krise. Daher ist eine rasche Erholung durchaus möglich.

Die Kurzarbeit hat als Instrument zum Erhalt der Arbeitsplätze bisher gut funktioniert. Eine Entlassungs- oder auch Insolvenzwelle kann zwar nicht ausgeschlossen werden, ist aber momentan nicht wahrscheinlich.

Dennoch bleibt natürlich die Unsicher-heit. Niemand kann verlässliche Aussagen dazu machen, wie sich die Pandemie entwickeln wird, mit welchen Auswirkungen wir in den kommenden Monaten konfrontiert sein werden und was das für die weltweite Konjunktur bedeutet. Ich hoffe aber, dass wir das Schlimmste überstanden haben.

Unsere Arbeit ist definitiv noch nicht zu Ende, da die Unterstützungsmass-nahmen zum Teil bis Ende des Jahres weitergeführt werden.

Welche Zwischenbilanz ziehen Sie heute?

Die Krise hat auch viele positive Aspekte aufgezeigt. Wir haben intern für jedes Problem immer eine Lösung gefunden. Dank unserem Teamwork sind wir auch unter erschwerten Bedingungen äusserst leistungsfähig.

Es freut mich, dass unsere Arbeit von den Unternehmen und Verbänden wertgeschätzt wurde. Besonders dank-bar bin ich, dass niemand aus unserem Team am Coronavirus erkrankt ist.